Bechtle-Chef Thomas Olemotz und Ralf Klenk im CRN-Exklusivinterview

»Bechtle tickt anders als andere Firmen«

27. Februar 2009, 12:07 Uhr | Martin Fryba
Thomas Olemotz (links) ist zwar erst seit zwei Jahren bei Bechtle, weiß aber bereits wie Bechtle tickt.

Zäsur bei Bechtle: Nach 25 Jahren legt Gründer-CEO Ralf Klenk die Führung des Systemhauses in die Hände von Thomas Olemotz. CRN sprach mit ihm und seinem Vorgänger über Führungs- und Firmenkultur, Wachstumspläne, Phantomschmerzen und neue Ziele und nicht zuletzt über Emotionen in der IT-Branche.

CRN: Herr Olemotz, Sie haben im Januar Bechtle-Gründer Ralf Klenk an der Spitze abgelöst. Seit 1983 verzeichnet Bechtle Jahr für Jahr steigende Umsätze und Gewinne. Sie können eigentlich nur Fehler machen, wenn Sie etwas verändern wollten.

Olemotz: Das ist die Frage nach den bekanntlich großen Fußstapfen. Wenn ich versuchen würde, in diese zu treten, hätte ich schon den ersten Fehler gemacht. Ich versuche erst gar nicht Bechtle so zu führen, wie das mein Vorgänger Ralf Klenk getan hat. Allerdings möchte ich das Unternehmen in seinem Sinne leiten.

Was heißt das konkret?

Olemotz: Bechtle ist eng mit den Namen Ralf Klenk und Gerhard Schick verknüpft. Hier sind in über 25 Jahren sehr starke persönliche Strukturen entstanden, die man als vermeintlich Neuer nicht in zwei oder auch nicht in fünf Jahren aufbauen kann. Das prägt ein Unternehmen in positiver wie auch an der einen oder andern Stelle in weniger günstiger Hinsicht. Was einem bei Bechtle gelingen muss, ist, sich in ein existentes Netzwerk einzubringen.

Im Sinne von Klenk führen, heißt also sich anzupassen und alles beim Altem belassen?

Olemotz: Das bedeutet, einen gewissen Umsetzungsspielsraum zu haben, bei grundsätzlich gleichen Entscheidungen, die man als notwendig ansieht. Ich darf das offen ansprechen, dass es ja in der Historie in Bezug auf die Besetzung von Vorstandspositionen eine nicht immer so positive Wahrnehmung in der Öffentlichkeit gegeben hat …

Sie meinen die Ablösung von PSB-Manager Karl-Heinz Gosmann im April 2004 nach kaum zwei Wochen als CEO bei Bechtle?

Olemotz: Der Kern solcher Personalentscheidungen liegt im Wesentlichen immer in einer kulturellen Inkompatibilität. Man muss Bechtle »verstehen« ! Bechtle tickt einfach anders als andere Firmen, und ich habe während meiner Tätigkeit als M&A-Berater für die Familie Quandt viele mittelständische, Inhaber geführte Unternehmen kennen gelernt.

Was unterscheidet Bechtle?

Olemotz: Ich kenne keine Firma, die das Grundprinzip der dezentralen Verantwortung so extrem lebt wie Bechtle. Unsere vielen Geschäftsführer tragen die Verantwortung für Gewinne, aber auch Verluste. Die ganz entscheidende Prägung von Bechtle ist: Der Freiheitsgrad eines Geschäftsführers steigt mit zunehmendem und reduziert sich mit abnehmenden Erfolg. Herr Klenk hat kürzlich gesagt – sie sehen, ich höre ihm auch immer noch sehr aufmerksam zu -, Bechtle ist nicht im traditionellen Sinne führbar, sondern nur motivierbar. Das geht sehr einher mit dem dezentralen Verantwortungsprinzip. Diese Modell werden wir selbstverständlich dem Markt anpassen und evolutionär weiterentwickeln, das Grundprinzip aber nicht über Bord werfen.

Herr Klenk, plagen Sie schon Phantomschmerzen, weil sie nicht mehr im Amt bei Bechtle sind?

Klenk: Nein, die könnten frühestens Mitte April fühlbar werden. So viel Zeit nehme ich mir für einen reibungslosen Übergang. Außerdem bin ich noch in die Planungsgespräche mit unseren Geschäftsführern eingebunden.

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