EUGH prüft DSGVO-Vereinbarkeit

Geschäftssystem der Schufa steht auf der Kippe

6. Februar 2023, 7:56 Uhr | Michaela Wurm
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Der EuGH verhandelt zur Schufa. Auf dem Prüfstand steht das System der Auskunfteien und ob deren Scoring-Verfahren mit der EU-Datenschutzgrundverordnung in Einklang steht. Das Geschäftssystem der Schufa könnte an der DSGVO scheitern.

Der EuGH verhandelt aktuell in zwei Fällen zur deutschen Schufa. Auf der Kippe stehe nichts Geringeres als das gesamte System der intransparenten Auskunfteien, berichtet Rechtsanwalt Christian Solmecke, Partner der Kanzlei WBS.LEGAL. Denn es könne an der DSGVO scheitern.

Er findet das allerdings nicht allzu schade. „Auskunfteien machen Verbrauchern seit Jahrzehnten das Leben schwer. Ein – oftmals unberechtigter – falscher Eintrag und der gewünschte Handy- oder Kreditvertrag ist ganz automatisch passé. Doch die Frage, wie Auskunfteien ihren „Score“ zur Kreditwürdigkeit von Bürgern berechnen, ist bislang – sogar vom Bundesgerichtshof abgesegnet – ein Geschäftsgeheimnis. Jetzt aber wird von ganz oben an dem intransparenten System gesägt, und zwar gleich von mehreren Seiten“, so Solmecke.

Das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden hat dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in zwei Verfahren mehrere Fragen vorgelegt. Der EuGH prüft nun seit dem 26. Januar 2023, ob das, was Schufa & Co. machen, überhaupt mit der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in Einklang steht.

 

Verfahren 1: Die Erstellung der Score-Werte steht auf der Kippe

Im ersten Verfahren, über das der EuGH zu entscheiden hat (Rs. C 634/21), geht es um das Herzstück von Schufa & Co., den Score-Wert.

Das VG Wiesbaden sei der Ansicht, dass es sich bei der Berechnung und Übermittlung dieses Bonitätswerts um eine automatisierte Entscheidung nach Art. 22 Abs. 1 DSGVO handle, erläutert Solmecke. „Danach ist es nämlich – bis auf wenige Ausnahmen – verboten, dass Computer Entscheidungen über Menschen treffen, die rechtliche oder ähnlich beeinträchtigende Wirkungen haben. Zwar könnten letztlich Banken oder Mobilfunkanbieter selbst entscheiden, ob sie auf Grundlage eines negativen Schufa-Scores Verträge eingehen. Letztlich führe ein solcher in der Praxis jedoch immer zu negativen Konsequenzen. Daher sei die Situation letztlich dieselbe wie bei einer vollständig automatisierten Entscheidung. In diesem Fall verstieße das Schufa-Verfahren höchstwahrscheinlich gegen EU-Recht und müsste grundlegend reformiert werden.“

In seiner zweiten Frage an den EuGH wolle das VG der deutschen spezialgesetzlichen Grundlage der Schufa an den Kragen, so Solmecke. Falls Artikel 22 nicht einschlägig sein sollte, soll der EuGH beantworten, ob die DSGVO § 31 des deutschen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) entgegensteht. „Im Hinblick auf dessen Vereinbarkeit mit Art. 22 Abs. 1 DSGVO bestünden aber durchgreifende Bedenken“, so das VG wörtlich in seiner Pressemitteilung. Das VG jedenfalls ist der Ansicht, der deutsche Gesetzgeber habe hier keine Regelungsbefugnis. Damit wäre das System der Auskunfteien nur noch auf Grundlage von Artikel 6 DSGVO zulässig und die Aufsichtsbehörden hätten einen ganz anderen Prüfungsspielraum. Das gesamte bisherige System deutscher Auskunfteien stünde auf der Kippe.“

 

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