„Shit in, shit out" bei KMUs

Viele Unternehmen digitalisieren Unsinn

12. Mai 2023, 13:13 Uhr | Andrea Fellmeth
© Jürgen Fälchle - AdobeStock

Den meisten Unternehmen fehlt es an den Grundlagen, an Struktur und Logik im Vorgehen bei der Digitalisierung. Doch: „Nur wer analog aufräumt, kann auch digital erfolgreich werden", meint IT-Projektmanager Oliver Meinecke. Zudem würden Chancen über- und Gefahren unterschätzt.

Grundlage eines jeden Digitalisierungsvorhabens sind die Daten. Dass die aber in den meisten Unternehmen eine Katastrophe sind, davon ist Projektmanager Oliver Meinecke überzeugt. Er empfiehlt dringend, unnötige Daten am Beginn des Prozesses gründlich zu reduzieren und die verbleibenden Daten sinnvoll aufzubereiten. „Da viele Unternehmen über Jahrzehnte hinweg Datenmüll gesammelt haben, wird das eine große Herausforderung sein." Doch ohne brauchbare Daten gibt es keine vernünftigen digitalen Prozesse.

„Viele Prozesse sind überaltert, unnötig oder ineffektiv", ist Meinecke überzeugt, der einen Schwerpunkt im Bereich der IT-Effizienz hat. Diese Prozesse würden dann in Einsen und Nullen abgebildet und in die neue digitale Welt übertragen. Es habe aber keinen Sinn, unnötige und letztlich kontraproduktive Prozesse zu digitalisieren. „Wer seine Prozesse nicht prüft, optimiert, reduziert und effektiviert, sollte mit Digitalisierung erst gar nicht anfangen. Zunächst müssen die Abläufe stimmen und durchdacht sein. Erst dann hat es Sinn, sie digital abzubilden", lautet sein Appell.

Ebenso notwendig ist eine betriebswirtschaftliche Analyse, denn: „Produkte und Serviceleistungen, die ihren Lebenszyklus bald überschritten haben, brauchen nicht mehr unbedingt ein digitales Update." Ohne vorheriges Downsizing in allem, ohne Klarheit darüber, was die nächsten Jahre überleben werde und was überhaupt eine Zukunft habe, müsse jede Digitalisierungsstrategie scheitern. „Digitalisieren ist aufwendig und kostet Geld. Deswegen hat es nur Sinn, die Prozesse und Services zu digitalisieren, die auch langfristig ertragreich sind und eine nachvollziehbare Verbesserung bringen. Was nicht performt, muss abgeschafft werden und gehört nicht digitalisiert. Die Dinge werden nicht besser, nur weil sie digital werden. Was nichts taugt, muss entsorgt werden, und zwar vor, nicht während eines Digitalisierungsprozesses", so Meinecke.

„Die Cloud-Gläubigkeit ist ebenso eine Gefahr", auch davon ist Meinecke überzeugt. „Viele denken, wenn sie Daten und Prozesse in der Cloud hinterlegen, erhöht sich die Sicherheit und Verantwortung kann abgeben werden." Das aber stimme oft nicht. Die Cloud berge auch Gefahren, die nicht zu unterschätzen seien. Vielmehr müsse Daten- und Systemautonomie angestrebt werden, um Prozesse besser individuell steuern zu können. Daten und technische Prozesse abzugeben, sei immer auch ein Risiko. „Zu jeder Digitalisierungsstrategie muss es eine Resilienz- und Risikoanalyse geben. Es gibt viele Prozesse, die nicht in die Cloud gehören und die nicht von Providern erledigt werden sollten", meint der IT-Profi. Häufig werde falschen Versprechen geglaubt, die dazu führten, dass Chancen maximal überschätzt und schöngerechnet werden, Risiken aber unterschätzt und kleingerechnet. „Nicht jeder Trend ist sinnvoll, schon gar nicht für jeden."

Meinecke ruft dazu auf, sich zu besinnen, zu reduzieren und zu optimieren bevor man digitalisiert.„Shit in, shit out", lautet ein bekannter Satz aus dem Projektmanagement. Dieser gelte umso mehr bei technologischen Umbrüchen, wie sie aktuell in nahezu allen Unternehmen ablaufen. Nur wer analog aufräumt, kann auch digital erfolgreich werden. Alles andere verbrenne nur Geld und andere wertvolle Ressourcen. Es brauche, so Meinecke, ein Bewusstsein für eine sinnvolle Digitalisierung. Was es nicht brauche, sei Naivität und Begeisterung für alles, was schön klingt, aber in der Praxis noch keine Erfolge gezeigt hat.

Oliver Meinecke ist IT-Projektmanager. Er gibt sein IT-Wissen regelmäßig in Podcasts, Whitepapern und Fachpublikationen weiter.

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