CEBIT-Deutschland schafft sich ab

Große Dummheit

11. Dezember 2018, 10:30 Uhr | Martin Fryba
»Machen Sie diese CEBIT zu dem bedeutendsten Platz in der Welt, wo über digitale Innovationen diskutiert wird«. Sprachs‘, als wäre es nicht seine Aufgabe als Bundeswirtschaftsminister. Peter Altmaier im Juni 2018 auf der CEBIT-Eröffnung.
© Deutsche Messe AG

Gedanklich schwebte in den letzten Jahren über jeder CEBIT das Ende dieser Messe. Wie konnte es jetzt aber tatsächlich soweit kommen?

Nach der Bekanntgabe des radikalen Umbaus, bereits Mitte der letzten CeBIT ihrer Art im März 2017, verdichtete sich die Sorge um die Zukunftsfähigkeit dieser IT-Leitmesse in und aus Deutschland. Wie wohltuend waren die Sätze des Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der gleich zu Anfang in seiner begeisternd-lockeren Eröffnungsrede zur neuen CEBIT sagte: »Es wäre eine große Dummheit sondergleichen, wenn wir dieses große Geschenk der CEBIT nicht bewahren und ausbauen würden. Es ist ein großer Brand von Deutschland und das muss es auch in Zukunft bleiben«.

Die große Dummheit ist nun eingetreten – für viele überraschend: die im Messebeirat vertretenen Aussteller, den Branchenverband Bitkom, die Politik. Die Frage stellt sich: Wer und was ist schuld an dieser großen Dummheit? Man kann das Aus der CEBIT geschäftsmäßig abhaken, man kann daraus aber auch viel lernen über Beharrung und Begeisterung in einer ökonomischen Phase, die mit der digitale Transformation oft genug als Paradigmenwechsel beschrieben wird.

Wie eine Wertberichtigung
Jochen Köckler, Vorstandsvorsitzender des CEBIT-Veranstalters Deutschen Messe AG, hat mit wenigen Sätzen in dem dürren Pressestatement alles zerstört, was sein CEBIT-Team in den letzten Jahren an Veränderungswillen, Mut und Entschlossenheit gezeigt hat. Er hat diese Messe buchhalterisch wie eine Wertberichtigung abgeschrieben: Negativtrend bei den Flächenbuchungen, Abwärtstrend der Besucherzahlen, CEBIT-Themen »überführen, die zur klaren Ausrichtung der Hannover Messe passen«. Sein Kollege Oliver Frese, zuständiger CEBIT-Vorstand, hat bis zur persönlichen Erschöpfung für den CEBIT-Wandel gekämpft, viel und vieles angestoßen. Nicht alles klappte auf Anhieb, mit einer schnellen Wende rechnete auch niemand.

Dass selbst er angesichts stark rückläufiger Flächenvorbuchungen für die CeBIT 2019 die Einstellung der Messe als »richtig und notwendig« bezeichnet, zeigt vor allem eins: Auch Frese unterschätzte die Aufgabe, eine Leitmesse ins Neue drehen zu wollen, zugleich aber nach wie vor getrieben zu sein von Kennzahlen einer Traditionsmesse, die in ihrer Struktur unverändert auf Größe und Masse ausgerichtet ist.

Frese und sein CEBIT-Team haben inhaltlich einige gute Akzente gesetzt, sie haben mental und kulturell diese digitale Transformation gelebt und sogar mutig versucht, sie in ihren behördenähnlichen Apparat zu tragen. Sie haben einen Fehler nicht gemacht, den CRN ein Jahr vor dem CEBIT-Aus über den Wandel von Traditionsmessen andeutete: »Von Technologie getriebene Disruption und ihre teils dramatischen Folgen für Wirtschaft und Gesellschaft, solche Paradigmen kann man als Event/Veranstalter so nicht zeigen und diskutieren wollen, als ginge einem dieser rasante Fortschritt in eigener Sache nichts an.«