Aus Ware wird Müll wird Geld

Amazons lukratives Abwrack-Geschäft

30. November 2021, 15:17 Uhr | Lars Bube
© Kadmy - AdobeStock / ICT CHANNEL

Amazon wehrt sich gegen die Vorwürfe, es würde massenweise Ware aus Retouren vernichten und schiebt die Verantwortung im gleichen Atemzug den Händlern im Marketplace sowie der Politik zu. Doch ganz so einfach ist die Rechnung nicht, wie unabhängige Recherchen zeigen.

Pünktlich zum alljährlichen Weihnachtskaufrausch flammt auch die Kritik an der daraus resultierenden Paket- und Retourenflut im Onlinehandel wieder auf. Mehr als 315 Millionen Rücksendungen hat die Forschungsgruppe Retourenmanagement der Uni Bamberg für das vergangene Jahr in Deutschland errechnet. Die Tendenz ist weiter stark steigend und wurde durch den Online-Boom im Zuge der Einschränkungen und Lockdowns weiter befeuert. Mindestens ebenso problematisch wie die schiere Masse der Sendungen an sich, ist dabei der Umgang mit den zurückgeschickten Produkten, die nicht selten auf der Müllhalde landen. Neben den Bekleidungsherstellern, die dafür gerade erst wieder bei der Aktion „Sneakerjagd“ kräftig auf den Deckel bekamen, steht dabei auch Amazon als größte Etail-Plattform immer wieder besonders im Fokus.

So hatte etwa der britische Sender ITV News im Sommer in einem Amazon-Rücksendelager in Schottland festgehalten, wie dort massenweise neuwertige Ware von Büchern über Unterhaltungselektronik bis hin zu Laptops vernichtet wurde, obwohl das meiste davon augenscheinlich noch problemlos verkauft und genutzt werden könnte. Wie systematisch dieses Abwracken abläuft, hat Greenpeace im deutschen Amazon-Logistikzentrum in Winsen dokumentiert. An acht sogenannten „Destroy-Stations“ wird dort laut den Recherchen meist noch originalverpackte Ware sortiert und für die Vernichtung vorbereitet. Neben den zumeist unbeschädigten Retouren landen dabei zudem viele brandneue Produkte direkt aus dem Lager im Container, berichtet Greenpeace. Eine gigantische Verschwendung wertvoller Ressourcen, die nicht nur Umweltschützer ungläubig den Kopf schütteln lässt.

Auch Amazon selbst ist davon alles andere als begeistert, versichert zumindest Amazons Deutschland-Chef Ralf Kleber jetzt in einem Interview mit dem Handelsblatt. Er will das, durch die aktuellen Fälle in der Öffentlichkeit wieder bekräftigte, Bild vom skrupellosen Aushängeschild der Wegwerfgesellschaft so nicht stehen lassen. Kleber erklärt, dass Amazon selbst grundsätzlich versuche, so viel wie möglich der retournierten Ware wieder in den Verkauf zu bringen – entweder als Neu- oder als B-Ware. Darüber hinaus bemüht sich der Etailer, selbst die verbliebenen Reste noch möglichst sinnvoll einzusetzen, wie er auf einer eigens zu diesem Thema eingerichteten Webseite ausführt. In diesem Sinne wurden etwa im vergangenen Jahr rund 1,5 Millionen Einzel- und Großpackungen an lokale Tafeln gespendet. „Wir entsorgen im Prinzip nur Dinge, die aus Gründen der Hygiene oder der Produkthaftpflicht nicht mehr verkauft werden dürfen“, beteuert Kleber gegenüber dem Handelsblatt.

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