Geplantes Energieeffizienzgesetz

Bitkom-Chef: Rechenzentren werden aus Deutschland vertrieben

4. April 2023, 13:26 Uhr | Michaela Wurm
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Das geplante „Energieeffizienzgesetz“ setzt hohe Hürden für den Bau und Betrieb von Rechenzentren. Scharfe Kritik kommt vom Branchenverband Bitkom. Damit würden Rechenzentren aus Deutschland vertrieben, kritisiert dessen Präsident Achim Berg.

Die vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geplanten Gesetze sollen dem Klimaschutz dienen, sezten dabei aber so absurd hohe Hürden, dass sie in der Praxis immer mehr zu Wirtschaftsbehinderungsgesetzen werden. Nach Verkehr und Gebäuden trifft der grüne Regulierungswahn jetzt auch verstärkt die IT-Branche, die für die dringend benötigte Digitalisierung in Deutschland unverzichtbar ist.

Jetzt hat das Ministerium den Entwurf für ein Energieeffizienzgesetz vorgelegt, mit dem sich die Auflagen für Rechenzentren so massiv verschärfen würden, dass sich damit in Deutschland kaum noch ein Datacenter bauen und betreiben ließe. Heftige Kritik kommt deshalb vom Branchenverband Bitkom.

Dessen Präsident Achim Berg bezeichnete den vorliegenden Referentenentwurf als „Enttäuschung für die Betreiber von Rechenzentren“. Er erschwere den Aufbau eines digital souveränen Deutschlands. Die deutliche und breite Kritik an den ersten Plänen sei kaum berücksichtigt worden, so der Bitkom-Chef. „Im Ergebnis bleibt es dabei: Mit diesem Energieeffizienzgesetz werden Rechenzentren aus Deutschland vertrieben – und das, obwohl sie für eine erfolgreiche Digitalisierung und für unsere digitale Souveränität unabdingbar sind“, so sein Fazit.

Das Gesetz enthalte eine Fülle von Detail- und Überregulierungen mit Effizienzvorgaben, wie sie für keine andere Branche geplant sind und die nach heutigem Stand schlicht nicht erreichbar seien.

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Achim Berg, Präsident Bitkom
Bitkom-Präsident Achim Berg
© Bitkom

„Bleibt es bei den nun vorgesehenen Regelungen, können neue Rechenzentren zukünftig nur noch dort angesiedelt werden, wo Abwärmenetze vorhanden oder verbindlich vorgesehen sind. Die Abwärmenetze werden aber bislang völlig losgelöst von Rechenzentren geplant und umgekehrt muss auch die Standortwahl von Rechenzentren einer anderen Logik folgen, als dies die Abwärmenetze tun. Rechenzentren werden dort gebraucht, wo in großem Umfang Strom aus grundlastfähigen Quellen bereitsteht und ein hoher regionaler Bedarf an Rechenpower herrscht. Die verpflichtende Abwärmenutzung von bis zu 20 Prozent ab 2028 begrenzt zusätzlich de facto die Größe neuer Rechenzentren, weil die Aufnahmekapazität von Fernwärmenetzen limitiert ist. Neue Rechenzentren werden kleiner dimensioniert und verlieren damit energetische Effizienz, die man ja eigentlich fördern will. Entscheidende Standortfaktoren wie die Stromversorgung und Internetknotenpunkte bleiben durch den Gesetzesvorschlag unberücksichtigt.  Auch sollen alle deutschen Rechenzentren ab 2024 zu 50 Prozent und ab 2027 zu 100 Prozent mit Ökostrom betrieben werden. Welchen Anteil erneuerbarer Energien Rechenzentren erreichen können, hängt aber in erster Linie vom deutschen Strommix ab, der von der Politik gesetzt wird und auf den die Rechenzentrumsbetreiber keinen Einfluss haben.

Die Betreiber von bestehenden Rechenzentren müssen zudem mit neuen, bürokratischen Berichtspflichten zum Aufbau einer Datenbank beitragen, die auch sensible und schützenswerte Informationen beinhalten soll. Diese würden künftig zentral gespeichert und damit auch zu einem Risiko für die kritische Infrastruktur werden, wenn sie in falsche Hände geraten.“

Vor kurzem hatten bereits die neuen Richtlinien für den Blauen Engel für Rechenzentren für heftige Kritik gesorgt. Hauptkritikpunkt waren auch hier die starren Vorgaben für die Abwärmenutzung, die als neues Kriterium des Blauen Engels eingeführt werden sollen. Béla Waldhauser vom Eco-Verband kritisierte die Pläne als praxisfern und wünscht sich realistischere Anforderungen an die Branche.


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