Recycling und Wiederaufbereitung bei AfB

Zweites Leben im zweiten Arbeitsmarkt

31. Januar 2023, 12:33 Uhr | Martin Fryba
Fast 26 Tonnen ausrangierte Mobiltelefone samt Zubehör sammelte die gemeinnützige AfB unter Geschäftsführer Daniel Büchle im vergangenen Jahr. Es könnten noch viel mehr sein, wenn mehr Firmen und Privatpersonen sich an der Ressourcenschonung beteiligen würden.
© AfB

„Grün und auch noch sozial? Viel Glück, aber ohne uns“, winkten Banken ab. Daniel Büchle hatte keine Ahnung, auf was er sich vor fast 20 Jahren mit AfB einließ. Heute gibt die gemeinnützige GmbH an 21 Standorten in fünf Ländern über 650 Angestellten Arbeit und noch viel mehr.

Wie viel 186.842 Smartphones samt Zubehör wiegen, weiß Daniel Büchle sehr genau. Es sind exakt 25,69 Tonnen, die AfB vergangenes Jahr aus den Sammelboxen für Handy und Tablets entnommen hat. Beim NABU kann man die Handybox kostenlos im Shop bestellen, in jedem Shop von O2/Telefonica abgeben oder einfach einen Retourenschein im Internet anfordern und über DHL kostenlos versenden – auch wenn man kein Kunde von  O2/Telefonica ist. Ersatzteilgewinnung, Zerlegung, Zuführung zum Recycling und – ganz wichtig – professionelle Datenlöschung übernimmt Büchles AfB. Seit 2016 schon besteht die Kooperation mit NABU und Telefonica.

„Das Recycling ermöglicht die Wiedergewinnung von wertvollen Rohstoffen wie Gold, Silber, Kupfer Palladium und Platin. Giftige Bestandteile werden aufgefangen und gesondert entsorgt. Die jährlich ansteigende Zahl an gesammelten Geräten freut mich persönlich sehr“, sagt AfB-Geschäftsführer Büchle. Er stellt fest, dass das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung sich immer weiter ausbreite. „Alle Unternehmen, Organisationen und öffentliche Einrichtungen können ganz einfach mitmachen“, zeigt er auf die Handysammelbox.

Goldschatz und mehr lagert in Schubladen
Nun könnte man leicht ausrechnen, dass die Umweltarbeit von AfB ein Tropfen auf den heißen Stein sei. Denn die Menge entspricht ja gerade einem Promille jener 220 Millionen alter Handys, die in den Schubladen dieser Republik achtlos lagern. Es sind 10.000 Tonnen Schrott, darunter 3,6 Tonnen Gold und 400 Kilogramm Palladium. Genug Material, um die Produktion aller Smartphone Hersteller zehn Jahre lang zu versorgen. Aber einer muss ja mal anfangen mit der Bewusstseinsarbeit. Büchle tut dies, seit seinem BWL-Studium. Bald kann er sein 20-Jähriges bei AfB feiern.

Banken haben abgewunken, als es um die Finanzierung eines Startups ging, das sich in der IT-Branche konkurrenzfähig am Markt behaupten kann und dabei einen Dienst an der Gesellschaft leistet, wie es AfB-Gründer Paul Cvilak vorschwebte. Letzteres ist nämlich das Engagement des Unternehmers, Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Also ging er selbst ins Risiko, auch wenn sich vor fast 20 Jahren noch gar nicht abzeichnete, wie wichtig heute Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft sind. Der Druck kommt von unten, der jungen Generation, und von oben, den Gesetzgebern. Und endlich auch vom Kapitalmarkt, der ESG und CSR von Unternehmen einfordert. Vor 20 Jahren blitzten Cvilak und Büchle bei jenen Banken ab, die heute Nachhaltigkeits-ETFs und andere grüne Geldanlagen verkaufen.

Sinn der Arbeit
Smartphones wiederzuverwerten ist übrigens nur eine Sparte von AfB. 500.000 Clients sammelte die Firma 2022 ein, rund zwei Drittel werden so aufbereitet, dass sie ins Remarketing kommen und als gebrauchte Geräte ein zweites Leben erhalten. Instand gesetzt von vielen Menschen, die im zweiten Arbeitsmarkt tätig sind, weil Inklusion in den meisten Unternehmen nicht vorkommt. An 21 Standorten in fünf Ländern arbeiten rund 650 Angestellte für AfB, davon über 300 Menschen mit Behinderung. Alle sind unbefristet angestellt und stehen in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen.

Es ist paradox, dass das scheinbar alternativlose Wirtschaftssystem des permanenten Wachstums und Konsums ihre Arbeitsplätze sichert, während zugleich im ersten Arbeitsmarkt über wertegeleitetes Management und Unternehmertum geredet wird, weil immer mehr Arbeitnehmer keine Erfüllung finden und keinen Sinn in ihrer Tätigkeit sehen.


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