ChatGPT/Power BI für Microsoft-Partner

„Das Momentum jetzt nutzen“

10. Februar 2023, 12:17 Uhr | Martin Fryba
Hält das Momentum für ausgezeichnet, dass Partner jetzt mit ihren Kunden über Digitalisierung reden. Microsofts Channel-Chefin Edith Wittmann.
© ICT CHANNEL

Der Hype um ChatGPT ist riesig. Wie können Microsofts Partner den Rummel für ihr Geschäft nutzen? Die KI-Revolution kommt, aber Trägheit und Unwissenheit im deutschen Mittelstand bremsen. Case Studies müssen her, sagt Microsofts Deutschland-Chefin Marianne Janik, und keine akademische Diskussion.

Mehr als 200 Microsoft-Partner und Spitzenmanager des Herstellers haben auf dem Event der deutschen IAMCP (International Association of Microsoft Channel Partners) am Donnerstag im München natürlich über die künstliche Intelligenz ChatGPT gesprochen. Das Thema wird schließlich gerade in allen Medien heiß diskutiert. Microsoft wird eine kommerzielle Version von ChatGPT in seine Azure-Cloud allen Partnern zugänglich machen. Sie soll sich deutlich von der „Consumer-App“ unterscheiden, die gerade durch das bayerische Abitur im Fach Deutsch durchfiel (Note 5), in Mathematik gerade so eine 4 Minus schaffte und lediglich in Geschichte ein passables Befriedigend erhielt. Weltweit wurde der Bot durch Prüfungsaufgaben in allen möglichen Schul- und Universitätsklausuren auf seine Reife hin untersucht. Die meisten Ergebnisse sind ernüchtend, rechtfertigen den Hype also nicht, der gerade um ChatGPT gemacht wird. Dennoch: „KI ist dabei, die Welt zu verändern“, sagt Microsofts Mittelstands-Chef Oliver Gürtler. Er skizzierte das Potenzial am Beispiel von After-Sales-Services.

KI: 65 Prozent Lösungskompetenz reicht nicht
Maschinen aus deutscher Fertigung beispielsweise. Sie laufen oft zehn Jahre und mehr, ein Anruf bei der aufgeklebten Telefonnummer der Support-Hotline könnte durch eine Anfrage bei Teams ersetzt werden. Im Hintergrund erstellt ChatGPT die ersten wichtigsten Daten aus der Kundenhistorie. Das hilft schon einmal, den Prozess bei einer Ticketanfrage deutlich zu beschleunigen. Eventuell ließe sich ein Problem remote lösen, wenn Microsofts smarte Datenbrille Hololens an den Kunden verschickt wird und die KI mehr Daten vor Ort erhält und dem Techniker dann sagt, was zu tun ist. Zukunftsmusik freilich, aber so weit von der Zukunft gar nicht einmal entfernt.

Gürtler, 54 Jahre, wird viele solcher Use Cases der Microsoft-Partner künftig vortragen. Auch wenn diese sich jetzt noch nicht vorstellen können, dass ein KI-Bot mit vielleicht 65 Prozent Lösungskompetenz ihre Kunden überzeugt. Das ist ja das Problem an KI: Ein bisschen autonomes Fahren mit Restrisiko zehn Prozent werden Kunden nicht akzeptieren. (Daher hört man diesbezüglich wenig, der Hype ist hier schon wieder am Boden der Ernüchterung gelandet). Ob es bei automatisierten Dienstleistungen ähnlich sein wird? Systemhäuser müssen, wollen sie als Pioniere von einem möglichen Marktdurchbruch überdurchschnittlich von den KI-Chancen profitieren, ins Risiko gehen und sich auf Pilotprojekte einlassen.

Diagnose Mittelstandsrückgrat: Osteoporose
Gürtler ist freilich optimitisch, das gehört zu seinem Beruf. Seine Erfahrung und seine Gepräche mit kleinen und großen Kunden aus dem deutschen Mittelstand indes zeigen ihm: Es gibt bei aller unausweichlichen KI-Revolution ein handfestes Problem an der Basis. „Wir treffen auf Unternehmen, die haben die Digitalisierung verschlafen. Die haben kein Teams, dafür eine Telefonanlage im Keller“, sagt er. Anders als DAX-Konzerne und der Mittelstand jenseits fünstelliger Mitarbeiterzahl sieht es bei den drei Millionen mittelständischen Unternehmen in Deutschland in Summe düster aus mit deren Reise-Ambitionen ins Digitale. Aus dem Bauch heraus schätzt Gürtler, dass neun von zehn Unternehmen hierzulande nicht über die grundlegende IT-Infrastruktur verfügten, auf der man Cloudservices und damit Tools für KI-gestützte Prozessverbesserung und mehr Effizienz aufsetzen könnte. Das so viel gelobte Rückgrat unserer Volkswirtschaft leidet an Osteoporose.

An Geld für IT-Investitionen würde es – von Außnahmen freilich abgesehen, nicht mangeln, so Gürtler. Dafür am fehlenden Dialog zwischen IT-Leitern und ihren Chefs über technische und organisatorische Veränderungen, Change-Management im weitesten Sinn. IT werde immer noch bei den meisten deutschen Unternehmen als Kostenfaktor gesehen, so manche Infrastruktur sei zu „Tode gespart“ worden – mit drastischen Folgen für die Wettbewerbsfähigkeit. „Die Budgets für Veränderungsprojekte sind sehr schmal", bestätigt Carlo Dannies vom Hamburger Systemhaus HAFN IT.

Microsofts Initiative „Reimagine Mittelstand 2.0“
Allerdings, und das ist laut Gürtler eine gute Nachricht für Microsoft und Partner, könne die IT-Transformation ganz schnell gehen, wenn ein Firmenchef auf den Verlust von Markanteilen und Gewinnen blicken muss. „Dann wollen die Chefs wissen, warum ein Wettbewerber besser dasteht“. Und die Unternehmer tauschen sich aus, sie wollen am Beispiel von umgesetzten IT-Innovationen verstehen, was andere Unternehmen konkret verändert haben und was es ihnen gebracht hat. „Solche Cases Studies gehen von Kunde zu Kunde“, sagt Gürtler in die Runde der Microsoft-Partner.

Seit 2021 sucht Microsoft Deutschland verstärkt den Dialog mit dem Mittelstand. Unter dem Motto „Reimagine Mittelstand 2.0“ klingt sich der Hersteller in lokalen und bundesweiten Veranstaltungen vieler Mittelstandsverbände ein und versucht Entscheider außerhalb der IT von der Notwendigkeit der digitalen Transformation zu überzeugen, die viel mehr ist als „nur“ Technologie. 360.000 Führungskräfte habe man so schon erreicht, über 11.000 Personen in Trainings gebracht, auf denen Grundlagen digitaler Geschäftsmodelle vermittelt wurden. „Umdenken im Kopf der Entscheider“ nennt es Gürtler. Die Partner sind gerne eingeladen, sich der Initiative „Reimagine Mittelstand 2.0“ anzuschließen.


  1. „Das Momentum jetzt nutzen“
  2. „Ich sitze auf einem Versailles“

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