Künstliche Intelligenz

Mein Chef, der Algorithmus

19. Februar 2019, 13:15 Uhr | Martin Fryba
Wenn es so leicht wäre, den eigenen Chef durch KI zu ersetzen.
© Adobe Stock /Anderas Limbach

Es gibt fast nichts mehr, was man einer KI nicht zutraut. Demnach ist es logisch, vielleicht sogar sinnvoll, den Chef durch einen Algorithmus zu ersetzen. Noch aber jubeln Arbeitnehmer zu früh.

»min G max D Ex[log(D(x))]+Ez[log(1-D(G(z)))]« hatte bereits einen viel beachteten Erfolg gefeiert. Für 432.000 Dollar wurde das von diesem Algorithmus erschaffene Bild bei Christie's versteigert. Man hatte das Werk »Edmond Belamy« auf höchstens 10.000 Dollar geschätzt. Eine Performance, die ein CEO aus Fleisch und Blut erst einmal hingekommen muss. Mittlerweile lachen Angestellte aber nicht mehr über den neuesten Technologiehype rund um den Einsatz von KI. Eher würden sie sich wünschen, dass ihr mit gewöhnlicher Intelligenz ausgestatteter Chef durch KI wenigstens ein bisschen erleuchtet würde.

Vier von zehn befragten Berufstätigen würden ihrem Vorgesetzten eine KI wünschen, die ihn etwa automatisch mit Analysen versorgen könnte, damit dieser schnellere und bessere Entscheidungen treffen könnte, zitiert der Bitkom Ergebnisse aus einer Befragung.

Dass ein Drittel der Berufstätigen den eigenen Chef gerne komplett durch eine KI ersetzen würde, wie eine weitere Frage lautete, ist wohl eher kein Votum für diese Zukunftstechnologie als vielmehr eine willkommene Abrechnung mit Chef-Allüren und Machtgehabe. Der Wunsch mag der Vater solcher Gedankenspiele sein, in der Realität enttäuscht der Bitkom - noch - solche Science Fiktion-Phantasien in bundesdeutschen Büros. »Wer hofft, seinen Chef auf diesem Weg loszuwerden, wird sich noch etwas gedulden müssen«, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg.

Fakt ist aber auch, dass KI als Assistenzsystem schon in vielen Berufen im Einsatz ist. Ursachen für Fehler in Maschinen erkennen oder Muster bei der medizinischen Diagnostik identifizieren, wird heute schon praktiziert. Wenig schlaue Hochstapler, die sich vor allem die Intelligenz anderer zu Eigen machen, fliegen bei der Plagiatsdetektion ihrer Doktorarbeiten regelmäßig auf, auch das haben wir der KI zu verdanken. Und dass Manager auf Basis von KI vielleicht noch besser werden entscheiden können, davon ist Berg überzeugt. Die eigentliche Ausführung bleibt aber beim CEO und wird nicht an den Algorithmus delegiert.

So sehr die Arbeit im 21.Jahrhundert von noch mehr mathematischen Modellen, automatisierter Prozesssteuerung und Effizienz getrieben sein wird, in einem Punkt unterscheidet sie sich nicht von früheren Epochen: Der Mensch ist und bleibt ein soziales Wesen, das die Interaktion mit seinesgleichen sucht, auch wenn Hochtechnologie die Residenzpflicht der Arbeit obsolet macht. Kaum ein Mitarbeiter will, dass die eigenen Kollegen durch Technologie ersetzt werden, zitiert Bitkom aus der Umfrage.

Bis auf 17 Prozent jener Beschäftigten, die gut und gerne auch die Kollegen am liebsten durch KI ersetzen würden.


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