Bündelungspraxis in der Azure-Cloud

Vorwurf: Microsoft bremst Wettbewerb in der Cloud aus

6. Februar 2023, 7:04 Uhr | Martin Fryba

Bei MS-Office in der Cloud von AWS oder Google bittet Microsoft Kunden kräftig zur Kasse, denn die Applikation soll schließlich bei Azure bleiben. Eine solche Bündelung von Software und Diensten schadet ökonomisch und behindert Innovationen, meint CISPE und ruft nach Maßnahmen.

Wiederholt sich das böse Bild vom Quasi-Monopolisten aus der Microsoft-Office-Applikationswelt und dem Windows-Betriebssystem nun auch in der Cloud? Noch kann davon keine Rede sein, auch wenn der Hyperscaler-Markt von den drei großen Techkonzernen Microsoft, Amazon und Google dominiert wird. Platz für europäische Hyperscaler gibt es im Wachstumsmarkt Cloud reichlich – noch jedenfalls. Aber Microsoft drängt den Wettbewerb in die Ecke und zwar mit „unfairen Lizenzbestimmungen“, mahnt die Vereinigung der Cloud-Infrastruktur-Anbieter in Europa CISPE. Zu ihr gehört auch AWS.

CISPE hat daher Studien bei der Frankfurt School of Finance und ESMT Berlin in Auftrag gegeben. Markus Reisinger, Leiter des Economics Department der Frankfurt School of Finance, fasst das Ergebnis so zusammen: „Sogenannte Produktbündelungen sind unbedenklich, wenn daraus ein Zugewinn an Wohlfahrt für den Konsumenten erzielt wird. Unsere ökonomische Studie legt dar, dass dies bei Microsoft nicht gegeben ist“. Die Rede ist darin von „relativ starke Ungleichbehandlung zwischen separatem Erwerb und Bündel-Erwerb der Produkte, die zu einer umfangreichen Diskriminierung führe. „Daher ist die Reduktion der Konsumentenwohlfahrt erheblich und dem Vorgehen Einhalt zu gebieten."

Diese Marktmacht nutzte Microsoft aus, um sich auch im Cloud-Umfeld Vorteile zu verschaffen. Das Unternehmen versuche, Wettbewerber zu verdrängen und Kunden an die eigene Azure-Cloud zu binden. Die Studie führt aus, dass Kunden, die bereits über Microsoft Software-Lizenzen verfügen, ihre Lizenzen ohne oder nur mit geringen Zusatzkosten in der Azure Cloud nutzen können. Wollen sie indes ihre Office-Lösung in der Cloud eines der großen Wettbewerber wie AWS oder Google Cloud hosten, würden hohe Gebühren anfallen. „Kunden haben also nur eine erheblich teurere Alternative zum Microsoft Bundle. So entsteht ein Verdrängungseffekt“.

Laut Stefan Wagner von der European School of Management and Technology (ESMT) in Berlin trete dieser Effekt selbst dann ein, wenn ein marktbeherrschender Hersteller in seinem Bündel ein qualitativ schlechteres Produkt anbietet als ein Wettbewerber, der ein konkurrierendes Produkt einzeln verkauft. Häufig würden sich Kunden dann aus Kostengründen für das Bündel entscheiden. „Das führt zu Qualitätseinbußen, die sich auch auf die Endkonsumenten auswirken können. Geschäftskunden haben in diesem Fall geringere Innovationsmöglichkeiten und können weniger funktionale Endprodukte produzieren beziehungsweise ihren eigenen Kunden eine geringere Produktvielfalt anbieten.“


  1. Vorwurf: Microsoft bremst Wettbewerb in der Cloud aus
  2. Innovationsbremse und Preisdiktat

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