Modern Workplace

Wie der Arbeitsplatz zur Dienstleistung wird

17. März 2023, 7:49 Uhr | Lukas Steiglechner
© AndSus | AdobeStock

Der Modern Workplace braucht Planung und eine Strategie. Nur mobile Endgeräte für das Homeoffice anzuschaffen, reicht nicht: Infrastruktur, Daten- und IT-Sicherheit sind entscheidend. Workplace-as-a-Service-Modelle helfen, wenn Hersteller und Systemhäuser an den richtigen Schrauben drehen.

Im Zuge der Corona-Pandemie mussten sich Menschen in verschiedenen Lebens- und Arbeitsaspekten grundlegend umgewöhnen. Homeoffice wurde zur Pflicht, Messen und Veranstaltungen in Präsenz verboten. Erstaunlich schnell hatten sich Menschen und Unternehmen an das „New Normal“ angepasst. Nun setzt wieder „Old Normal“ ein: Veranstaltungen finden in Präsenz statt, Messehallen sind wieder voll, sogar die Maskenpflicht in der Bahn ist mittlerweile passé. Ein gänzliches Zurück in die Pre-Corona-Zeit aber gibt es nicht: Remote und hybrid Work sind gekommen, um zu bleiben.

Ringcentral-Studie
Die Ergebnisse der Umfrage von Ringcentral zeigt: Hybride Arbeits-modelle sind am beliebtesten. Modelle, die komplett auf Präsenz oder komplett auf remote Work setzen, sind am wenigsten gewünscht.
© RingCentral

Ein Umstand, den verschiedene Umfragen unter ArbeitnehmerInnen immer wieder bestätigen – wie sie kürzlich Ringcentral hatte durchführen lassen. Der Unified-Communications-Anbieter befragte 1.001 WissensarbeiterInnen in Deutschland zu ihrem aktuellen Arbeitsmodell sowie ihrer Zufriedenheit, ihren Wünschen und Herausforderungen am Arbeitsplatz. Dabei hat sich unter anderem deutlich gezeigt: Nur neun Prozent der Befragten wollen täglich am Standort des Arbeitgebers tätig sein. Zum unbeliebteste Präsenzmodell will nur eine Minderheit zurück. Ganz dem Büro und Kollegen fernbleiben und ausschließlich remote arbeiten können sich aber nur 16 Prozent vorstellen. Beide sind also keine präferierten Optionen. Am beliebtesten hingegen ist ein Mischmodell. Hierfür würde sich laut Umfrage mehr als ein Drittel (35 Prozent) der Befragten aussprechen. Thomas Nicolaus, Area Vice President Sales DACH bei Ringcentral, sieht durch die Studie bestätigt, dass „hybride Arbeitsmodelle, bei denen Mitarbeiter:innen selbst wählen dürfen, wann und wie oft sie ins Büro kommen, werden 2023 die Arbeitswelt definieren“. Unternehmen müssen sich auf solche neuen Arbeitsmodelle und die Wünsche der ArbeitnehmerInnen einstellen, wollen sie als Arbeitgeber attraktiv bleiben und im Ringen um fähiges Personal am Ball bleiben. Damit hybrides Arbeiten gelingt, braucht es mehr als nur ein passendes Mindset. Die IT-Arbeitsumgebung zuhause muss so gut sein wie im Büro. Infrastruktur und Sicherheit sind entscheidende Faktoren. Allen voran braucht die Belegschaft passende Arbeitsgeräte.

Mobiles Arbeiten beeinflusst PC-Markt

Canalys, PC-Markt
Das Analystenhaus Canalys zeigt, dass der Absatz von Desktop-PCs in den vergangenen drei Jahren stabil geblieben ist. Der Anteil von Notebooks auf dem PC-Markt schwankt hingegen stark.
© Canalys

Die neuen Arbeitsmodelle haben sich auch auf den PC-Markt stark ausgewirkt. Denn im ersten Corona-Jahr erlebte der Markt einen zweiten Frühling. Mit einer explosiven Nachfrage ist der Absatz nach dem ersten Quartal 2020 immens in die Höhe geschnellt und hat sich bis 2022 gehalten. Doch umso stärker das Wachstum in den Pandemie-Hochzeiten, desto steiler der Absturz danach. Im Vorjahresvergleich bildet das letzte Quartal einen Tiefpunkt: ein Rückgang von 28,5 Prozent laut Gartner. Kaum verwunderlich, schließlich ist ein Großteil des Marktes durch die Corona-Jahre gesättigt. Die fehlende Versorgung mit Geräten wegen starker Nachfrage und Lieferkettenproblemen hat sich umgekehrt. Nun sind die Lage voll entstand, die Nachfrage geht zurück. Rezessionsängste sowie steigende Inflation und hohe Energiepreise bewegen Unternehmen jetzt eher dazu, den Lebenszyklus ihrer IT-Geräte zu verlängern und Käufe noch zu verschieben. Auch wenn die Absatzzahlen noch nicht ganz das Level vor der Pandemie erreicht haben, wird dieser Abwärtstrend laut Mikako Kitagawa, Director Analyst bei Gartner, noch bis Anfang 2024 bestehen bleiben. Auf lange Sicht soll sich der PC-Markt aber wieder erholen, meint Ishan Dutt, Senior Analyst bei Canalys. So soll unter anderem die Nachfrage im Education-Bereich steigen. Aber auch die Geräte, die während der Pandemie gekauft wurden, kommen irgendwann an das Ende ihres Lebenszyklus und müssen dann ausgetauscht werden, wenn es die wirtschaftlichen Entwicklungen zulassen.

Da der Bedarf der vergangenen Jahre getrieben war durch remote und hybride Arbeitsweisen, hat sich hier besonders der Verkauf von Notebooks verändert. Wie das Analystenhaus Canalys zeigt, konnten Desktop-PCs einen recht stabilen Absatz aufweisen. Notebooks sorgten hingegen für das schwankende Volumen. Da die hybriden Arbeitsweisen sich anscheinend durchsetzen und der Bedarf in dieser Hinsicht vorerst eher gesättigt ist, müssen Hersteller entsprechend reagieren, indem sie ihren Fokus nicht mehr allein auf die Endgeräte legen, sondern vielmehr auf Services, Management und Security.

Workplace as a Service erfordert Individualität

Cancom Ulrich Ocker
Ulrich Ocker, Director Competence Center Modern Device Solutions bei Cancom: „Durch Mobile Work werden Arbeitsplätze virtuell, wandern in die Cloud oder werden als vollgemanagte Workplaces bezogen.“
© Cancom

Durch den in der Pandemie schnellen Umstieg auf Homeoffice gab es in den meisten Fällen davor keine konzeptionelle Strategie für Fernarbeit. Dieser Mangel wird jetzt behoben, indem vermehrt infrastrukturelle und organisatorische Grundlagen geschaffen werden. Dementsprechend reagiert auch der ITK-Channel. Das Angebot an Beratungs- und Dienstleistungen für den Arbeitsplatz wächst. Workplace as a Service (WaaS) gewinnt an Bedeutung im Everything-as-a-Service-Kosmos. So können Anbieter die Infrastruktur, Hard- und Software, Support und das Gerätemanagement gebündelt bereitstellen und – je nach Präferenz des Kunden – auch auf Basis eines Mietmodells abrechnen. IT-Arbeitsplätze werden „virtuell, wandern in die Cloud oder vom Kunden als vollgemanagte Workplaces bezogen“, sagt Ulrich Ocker, Director Competence Center Modern Device Solutions bei Cancom.

Unternehmen benötigen jedoch individuelle Lösungen für die einzelnen Arbeitsplätze, da sich hier die Bedürfnisse je nach Branche stark unterscheiden können. Für Systemhäuser bedeutet das: WaaS kann kein Produkt von der Stange sein. Der Beratungsbedarf sei hoch, wie Christian Malzacher, Business Manager Modern Workplace bei Bechtle, erklärt. Das Systemhaus erarbeitet gemeinsam mit den Kunden eine Arbeitsplatzstrategie. „Wir konzipieren die IT-Architektur, erstellen Roadmaps und installieren Sicherheitsmechanismen“. Dabei müsse auch klar definiert werden, „welche IT-Aufgaben Unternehmen und Organisationen weiter selbst erbringen und welche Dienstleistungen zukünftig als Managed Service eingekauft werden können“, führt Malzacher aus.

Die erbrachten Leistungen reichen von der Bereitstellung vorkonfigurierter Rechner über Reparaturservices bis hin zur Abholung nach dem Ablauf der Nutzungsdauer. Entscheidend kann dabei der genaue Austausch mit den Nutzern sein, um die angebotenen Lösungen erfolgreich in die vorhandene IT-Infrastruktur einzufügen. Über „Resellerpartner mit einem breiten Know-how sowie über die Möglichkeiten von Partnernetzwerken, die sich gegenseitig in den Bereichen Arbeitsplatz, Hardware und Software und Security unterstützen,“ kann das gelingen, erklärt Lars Öhlschläger, Leiter der Business Unit Netzvermarktung mit WaaS / DaaS bei Also Deutschland. Sollte der Trend hin zum mobilen beziehungsweise hybriden Arbeiten anhalten – wonach es aktuell aussieht –, würde nicht nur eine Nachfrage nach Geräten und Software bestehen bleiben, sondern komplette Konzepte benötigt, nach denen sich moderne IT-Arbeitsplätze umsetzen lassen.

Gezielte Angebote schaffen

Also Lars Öhlschläger
Lars Öhlschläger, Leiter der Business Unit Netzvermarktung mit WaaS / DaaS bei Also Deutschland: „Eine Pauschalisierung zu bestimmten Branchenist nicht wirklich aussagekräftig.“
© Also Deutschland

Den Markt für WaaS sieht Öhlschläger in den kommenden Monaten und Jahren als gesichert. Er geht von Wachstum aus. Nicht zuletzt, weil für ihn allein die Hardware-Ausstattung weit über den Standard von PC, Notebook, Software, Monitor, Drucker und sonstige Peripherie hinausgeht. Mobile Devices und Headsets gehören für ihn ebenso zur Ausstattung. Und mit dem Metaverse am fernen Horizont könnte die Zukunft des Arbeitsplatzes sich nochmals drastisch verändern und andere Technologien an Relevanz gewinnen. Auf eben solche Veränderungen und individuelle Anforderungen müssen Hersteller und auch Systemhäuser reagieren. Laut Lars Öhlschläger ist eine „Pauschalisierung zu bestimmten Branchen“ nicht aussagekräftig. Da sich neben der klassischen Büroumgebungen auch andere interessante Zielgruppen hierbei entwickeln – wie etwa Handwerksbetriebe, die Tablets und Softwarelösungen benötigen oder etwa der Einsatz von Datenbrillen im technischen Außendienst (Field Services) oder in der Logistik.

Auf solche Erweiterungen eines „New Work“ sind die IT-Abteilungen der Anwenderkunden nur selten vorbereitet. Vorbereitet sollten indes Systemhäuser sein, denn von ihnen wird technisches Know-how, Beratung und der Betrieb solcher innovativen Dienstleistungen erwartet - einschließlich Finanzierungsangebote. Christian Malzacher erklärt, dass das Bechtle-Portfolio „zentral bereitgestellte, standardisierte und skalierbare Services“ bietet, die an die verschiedenen Branchen entsprechend angepasst werden. Gleichzeitig sagt er: „Speziell für Organisationen aus dem Public Sector arbeiten wir allerdings an standardisierten und digital souveränen Services für den Modern Workplace.“

WaaS für Staat und KMU

Bechtle Christian Malzacher
Christian Malzacher, Business Manager Modern Workplace bei Bechtle: „Speziell für Organisationen aus dem Public Sector arbeiten wir an standardisierten und digital souveränen Services für den Modern Workplace.“
© Bechtle

Der öffentliche Sektor in Deutschland wird von vielen Experten oft als rückständig in seiner digitalen Transformation gesehen. Dazu zählen nicht nur Prozesse in Behörden und Kommunen, sondern auch deren Arbeitsweisen. Der Modernisierungsdruck indes steigt, nicht zuletzt weil Bürger wenig Verständnis dafür zeigen, für jeden Antrag „aufs Amt“ gehen oder Formulare am PC ausfüllen zu müssen, die dann ausgedruckt und per Post zurückgeschickt werden.

Hersteller und IT-Dienstleister sehen dieses unausgeschöpfte Potenzial bei der Digitalisierung des öffentlichen Sektors, der Branchenverband Bitkom schlägt regelmäßig in diese Kerbe und drängt auf Modernisierung des Staats und mehr Investitionsbereitschaft. Doch auch der Mittelstand hat Nachholbedarf. Dabei nehmen die Anbieter von WaaS bestimmte Unternehmensgrößen in den Fokus. So seien kleine und mittlere Unternehmen eine interessante Zielgruppe, da dort durch „einen zentral gemanagten Arbeitsplatz sowohl das Thema Sicherheit deutlich gesteigert als auch die Kosten für interne IT-Ressourcen eingespart werden“ können, erklärt Öhlschläger ein Argument für WaaS.

Wo Kunden keine IT-Abteilung haben oder nur einen ohnehin überlasteten IT-Experten beschäftigen, könnte der Workplace as a Service eine gute Alternative sein. Neben KMU sind das auch Start-ups mit wenig finanziellem Spielraum. Durch WaaS können Unternehmen nämlich „von hohen Kapitalinvestitionen befreit werden – Stichwort CAPEX – OPEX“, erklärt Ulrich Ocker. Darum ist es umso wichtiger, die passenden Unternehmen anzusprechen, die tatsächlich von WaaS profitieren könnten. Diese entsprechend beraten zu können und ähnlich aufzutreten wie eine Unternehmensberatung für Technologie und digitale Geschäftsmodelle, könnte für Hersteller und ihr Partnernetzwerk aufgehen.


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