New Normal im Channel: ADN

»IT muss neu gedacht werden«

20. Juli 2020, 14:19 Uhr | Martin Fryba
»VDI und Digital Workplace sind jetzt mehr denn je unternehmenskritische Modelle geworden, die umfassende, neue IT-Gesamtlösungskonzepte erfordern und meiner Ansicht nach bestehen bleiben«, ADN-Chef Hermann Ramacher.
© ADN

In den letzten Jahren reihte Value Added Distributor ADN ein Rekordjahr an das andere an. Und nun folgt eine Neuausrichtung? Keinesfalls, sagt ADN-Chef Ramacher. Warum auch? Er hat schon immer vorgedacht – seit nunmehr 26 Jahren.

Hermann Ramacher hat in seiner Branche vieles kommen sehen, mitunter auch heftige Krisen erlebt, nur eine globale Pandemie stand natürlich nicht auf seiner Zukunftsagenda. Dass aber negative Folgen eines Shutdowns mit Hilfe von vernetzten, von überall erreichbaren Unternehmensnetzen deutlich gemildert werden können, dass Homeoffice, Homeschooling und virtuelle Akademie-Workshops Wirtschaft und Gesellschaft am Laufen halten, davon zeigt sich der Chef des Bochumer Vale Added Distributors wenig überrascht. Mit Virtuell Desktop Infrastrukture (VDI) beschäftigt sich der visionäre Märkte-Macher seit 26 Jahren.

So lange schon evangelisiert er die Branche, mit den erweiterten Möglichkeiten der Cloud ist seine gar nicht mehr Vision zu nennende Mission schließlich Realität geworden. Nun zeichnet sich vernetzte, zentral bereitgestellte IT-Infrastruktur  in der Pandemie-Not überhaupt als Voraussetzung aus, dass Prozesse nicht gänzlich eingestellt werden.


Demokratisierung der IT: Hyperscaler machen HPC und HCI zunehmend für Kunden möglich, die sich vor wenigen Jahren noch ein hohes Invest in eigene Rechenzentren so ohne weiteres nicht leisten konnten. Ramachers ADN ist Bindeglied zwischen innovativen Anbietern und Anwenderkunden, macht Systemhäuser fit für solche Technologien, die der Markt vor, in und nach der Corona-Krise nachfragt.


Auch deshalb hat der Bochumer Value Added Distributor mit seinen rund 230 Mitarbeitern vergangenes Jahr die magische Umsatzgrenze von 500 Millionen Euro knacken können und setzt den Kurs fort, der schon vor der Corona-Krise für Wachstum bei ADN und seinen Partnern gesorgt hatte.
 

CRN: Über  »New Normal« wird aktuell viel diskutiert, über Neuausrichtungen in der IT-Branche auch. Macht Corona aus ADN einen anderen, »neuen« Value Added Distributor?
Hermann Ramacher: Ich sehe keine Notwendigkeit für eine wirkliche Neuausrichtung der ADN Distribution Group. Wir haben jetzt auch noch keine festen Pläne für die Nach-Corona-Zeit geschmiedet. Die Schwerpunkt-Themen, die wir mit unserem modernen Portfolio abdecken, - Cloud-Services, Next Gen-Security und moderne Storage Solutions, Aufbau und Management von hybriden Infrastrukturszenarien, Unified Communications und Collaboration, VDI, HCI und Edge Computing - haben höchste Relevanz im aktuellen und zukünftigen Marktgeschehen. Insofern sind wir zukunftsfähig ausgerichtet.


CRN: Dennoch machen sich Zukunftsängste breit, auch in der IT-Branche, und jeder wartet auf ein Ende der Krise.
Ramacher: Ein Ende der Krise ist aktuell nicht absehbar. Ja, es verbreiten sich Unsicherheiten weltweit bei Unternehmen, Partnern, Kunden, Stakeholdern, Bürgern und Individuen. Ich halte Prognosen, die heute bereits vorgeben zu wissen, wann die Nach-Corona-Zeit beginnt und was dann zu tun ist, für das aktuelle unternehmerische Entscheidungsverhalten für wenig hilfreich. Die allgemeine Verunsicherung führt bei ADN dazu, aktuell die unternehmerisch bedeutsamen Themen wie Digitalisierung, Dezentralisierung - Homeoffice versus Office-Arbeitsplatz - Expansionsstrategien, Cloud-Enabling-Aktivitäten, Classroom-Training versus Online-Trainings und vieles mehr auf den Prüfstand zu stellen und unter den gegebenen, schwierigen Rahmenbedingungen neu zu bewerten.


CRN: Bleiben wir bei Ihre Partnern. Sitzen die in den von Ihnen genannten Technologien so fest im Sattel, dass sie so zukunftsfähig wären, wie Sie das für ADN sehen?
Ramacher: Für unsere Partner bieten wir bei ADN das volle Stack an Lösungen an, die der Markt rund um das Thema Homeoffice und VDI nachfragt. Partner müssen sich mit diesen Themen meiner Meinung nach auch zukünftig befassen und professionelle Lösungen anbieten - egal ob kleine, mittlere oder große Kunden betreut werden. Um sie dabei bestmöglich zu unterstützen, entwickeln wir laufend neue Workshop-Reihen und Webinare und bieten unseren bekannten Professional Services an.

Was Reseller machen sollen: Kundeninfrastrukturen unter neuen Gesichtspunkten auf den Prüfstand stellen. Können bestehende Lösungen auch in Zukunft den performanten, hochverfügbaren und sicheren Zugriff auf Unternehmensressourcen garantieren? Werden die Möglichkeiten, die die Cloud bietet, bereits ausreichend genutzt, um im Fall der Fälle auch kurzfristig auf neue Kapazitätsanforderungen reagieren zu können? Sind alle Aspekte der IT-Sicherheit beim schnellen Wechsel ins Homeoffice berücksichtigt worden? Antworten auf diese Fragen zu haben, wird für den Channel das Gebot der Stunde und der nächsten Monate sein.


CRN: In der Pandemienot kam es bei vielen Unternehmen-ITs vor allem auf Schnelligkeit an, Performance und Erreichbarkeit so mancher Unternehmensnetze blieben auf der Strecke. Folgt jetzt ein Nachholbedarf bei den Kunden?
Ramacher: Homeoffice-Arbeitsplätze und entsprechende Infrastrukturen sind in den letzten Wochen zu einem inhärenten Bestandteil jeder Unternehmung geworden. In der Tat zeigen sich aber auch die Versäumnisse aus der Vergangenheit: Was vor einigen Jahren noch als reine Marketing-Sprüche abgetan wurde, wird jetzt wirklich in der Praxis eingefordert. IT muss neu gedacht werden - in Unternehmen, Organisationen und Behörden. Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen, zeitlich und räumlich flexibler Zugriff auf Daten, die Möglichkeit performanter und vor allem sicherer, ortsunabhängiger Arbeit können nicht mit einzelnen Add Ons an bestehende Infrastrukturen oder mit provisorischen Lösungen ermöglicht werden. VDI und Digital Workplace sind jetzt mehr denn je unternehmenskritische Modelle geworden, die umfassende, neue IT-Gesamtlösungskonzepte erfordern und meiner Ansicht nach bestehen bleiben.


CRN: Kommunizieren, führen und natürlich auch verkaufen aus dem Homeoffice, wie hat das bei ADN geklappt?
Ramacher:  Wir haben sehr positive Erfahrungen mit der Zusammenarbeit aus dem Homeoffice gemacht. Wir nutzen ausgiebig und erfolgreich alle Kommunikations- und Kollaborations-Möglichkeiten von Microsoft Teams. Ein neues, geändertes Führungsverhalten war nicht unmittelbar notwendig, weil unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland, Österreich und der Schweiz die neuen Herausforderungen des Marktes unisono mit einer einzigartigen Motivation und Kommunikationsbereitschaft von ihrem Homeoffice-Arbeitsplatz angenommen haben. In puncto Führung haben wir einmal mehr den allumfassenden Stellenwert des motivierten Mitarbeiters für den Unternehmenserfolg neu erfahren. Trotzdem sollten wir ADN-Führungskräfte lernen, wie Coaching-Aufgaben auch im Homeoffice-Zeitalter noch besser wahrzunehmen sind.     


CRN: Dazu dürften für einen VAD, der Knowhow für komplexe IT-Lösungen vermitteln muss, auch Schulungen zählen. Lassen sich Workshops oder auch Messen komplett virtuell abbilden?
Ramacher: Events und Messen, aber auch Präsenzworkshops und -trainings haben für uns eine sehr hohe Relevanz in der Kommunikation mit und als Enablement-Angebot für unsere Partner. Nachdem wir bereits seit vier Jahren unsere ADN Cloud Conference als virtuelle Messe durchführen, konnten wir jetzt auf diese Erfahrung in der Planung und Umsetzung virtueller Formate zurückgreifen. Auch wenn wir dieses Jahr einen neuen Teilnehmerrekord verzeichnen, können unserer Meinung nach Online-Events Präsenzveranstaltungen nicht zu 100 Prozent ersetzen. Dazu ist die persönliche Interaktion viel zu wichtig.

Im Trainingsbereich der ADN Akademie werden Präsenzveranstaltungen daher der Maßstab für effektive Wissensvermittlung bleiben. Um Experte zu werden, brauche ich trotz aller virtuellen Kollaborationsmöglichkeiten einen Coach vor Ort, der direkt auf meine Belange eingehen kann. Beim Tennis mache ich die gleiche Erfahrung: Training auf dem Platz bringt mich persönlich weiter, als Wimbledon im Fernsehen zu schauen. Online-Events und Virtual Classrooms werden aber trotzdem Bausteine bleiben, die unser Veranstaltungs- und Trainingsangebot erweitern und zusätzliche Partizipationsoptionen für unsere Partner schaffen. Wir werden zukünftig sicher eine Mischung aus Online- und Präsenzformaten in unserem Event- und Schulungsportfolio anbieten.

CRN: Wenn, wann nicht jetzt, wäre der ideale Zeitpunkt um über die globalisierte Wirtschaft nachzudenken und vor allem in der  IT-Industrie  Alternativen zu entwickeln, um sich von Abhängigkeiten der Globalisierung zu lösen.
Ramacher: Ja, die Globalisierung der Wirtschaft müssen wir neu denken. Die Corona-Krise beschleunigt geradezu die Notwendigkeit der Neuorientierung. Der funktionierende Welthandel ist Stand heute die Voraussetzung für das Gedeihen der bundesrepublikanischen Volkswirtschaft und der EU. »New Normal« macht erhebliche Anpassungsprozesse notwendig und verlangt eine intelligente zukünftige Ausgestaltung der Globalisierung der internationalen Märkte.     

 
CRN: Einfacher wird es wohl sein, für uns neue kulturelle Begrüßungsrituale nach der Pandemie zu etablieren. Kopfverbeugung wie in Japan, Ellenbogencheck oder den Vulkanier-Gruß á la Spock?
Ramacher: Der Vulkanier-Gruß hat was! Um ihn zu praktizieren, muss ich noch üben, üben, üben.

In der CRN-Serie »New Normal im Channel« sind bislang die Interviews erschienen:

Ralf Koenzen, Lancom: Einbrüche bei der Produktivität? »Im Gegenteil«
Santosh Wadwa, Fujitsu: »Neue Bezahl-Modelle sind wichtig«
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Alexander Maier, Ingram Micro: »Flächenbrand im Mittelstand«
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